Problemfeld (2) – Naturbelastung

Unter Natur können alle organischen und anorganischen Erscheinungen subsumiert werden, die auch ohne Zutun des Menschen existieren oder sich entwickeln. Unter Belastung versteht man objektive, von außen durch den Menschen verursachte einwirkende Faktoren auf die Natur.

Unter Natur können alle organischen und anorganischen Erscheinungen subsumiert werden, die auch ohne Zutun des Menschen existieren oder sich entwickeln. Unter Belastung versteht man objektive, von außen durch den Menschen verursachte einwirkende Faktoren auf die Natur.
Stellvertretend für Naturbelastungen werden Artenvielfalt, Landschaftsqualität und der Zustand der Meere näher betrachtet. Anteil der Waldflächen und Überfischung, siehe Problemfeld (4), und Verschmutzung durch Emissionen und Schadstoffe, siehe Problemfeld (5), können ebenfalls Indikatoren für Naturbelastungen sein.

Artenvielfalt

Das Ziel der biologischen Vielfalt ergibt sich aus der Anerkennung ihres Eigenwerts und dem Wissen, dass eine Vielfalt der Erscheinungsformen eine existenzielle Voraussetzung für die Stabilität der Ökosysteme ist. Wissenschaftler:innen schätzen, dass 5 bis 10 Mio. Arten auf der Erde existieren (davon sind 1,73 Mio. Arten wissenschaftlich beschrieben). Die Biodiversität nimmt dramatisch ab. Laut dem WWF ist ein durchschnittlicher Rückgang der überwachten Populationen von fast 70 % in den letzten 50 Jahren zu verzeichnen (WWF et al. 2020). Über 31.000 Arten sind z.Z. vom Aussterben bedroht (UN 2020: 54). Zudem wird die Biodiversität aufgrund der Klima­erwärmung deutlich abnehmen. Bei einer Erderwärmung um 4,5°C wäre rund die Hälfte aller derzeit in den Schlüsselregionen beheimateten Arten vom lokalen Aussterben bedroht. Selbst wenn das Zwei-Grad-Szenario erreicht würde, seien fast 25 % der Arten in diesen Regionen vom Aussterben bedroht (WWF 2018).

In der EU‑27 stieg die Fläche der Natura 2000 Landgebiete von 760.353 km2 (2015) auf 763.989 km2 (2019) an. Der Deutsche Anteil an diesen ausgewiesenen Flächen betrug 55.170 km2 (2015) und 55.228 km2 (2019), dies entspricht jeweils ca. 7,2 %.

Als Graphik hier verfügbar:

SDG 15_20 Fläche der im Rahmen von Natura 2000 ausgewiesenen Landflächen

Und als Datensatz hier:
https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/sdg_15_20/default/table?lang=de

Bewertung

Auch ohne die Covid-19-Pandemie verfehlt die Welt die Zielvorgaben für 2020 zur Aufhaltung des Biodiversitätsverlustes. Der Handel mit der Tier- und Pflanzenwelt zerstört Ökosysteme und trägt zur Ausbreitung von Infektionskrankheiten bei, wie z.B. Covid-19. Nur ein Drittel der Länder halten ihre nationalen Zielvorgaben zur Biodiversität ein (UN 2020: 20). Natura 2000-Schutzgebiete, sind keine ausschließenden Schutzgebiete und versuchen wirtschaftliche und soziale Interessen in Einklang zu bringen und der Erfolg ist maßgeblich von der Kooperation der Flächeneigentümer*innen und ‑nutzer*innen abhängig. Alle sechs Jahre muss der Europäischen Kommission Bericht erstattet werden, die Schutzbedingungen könnten noch konsequenter erfolgen (BMU 2021).

Landschaftsqualität

In Deutschland stabilisierte sich der Indikator Artenvielfalt und Landschaftsqualität bei rund 70 %. Die Erreichung des Ziels von 100 % bis 2030 ist unwahr­scheinlich. Ursprünglich sollte dieser Zielwert bereits 2015 erreicht sein (Destatis 2018: 106). Aktuell wird die Höhe des Zielwerts überprüft, um ihn ggf. auf der Basis von neuen Erkenntnissen aus Forschungsvorhaben anzupassen (Destatis 2021: 118). In den Indikator Landschaftsqualität gehen die Bestände ausgewählter Vogelarten in sechs Hauptlebensraumtypen in Deutschland ein (BfN 2021). Weltweit ist die Anzahl der Wilderei-Delikte und ähnliche Straftaten ein Indikator. Am häufigsten werden Schuppentiere illegal gehandelt, die Zahl der Beschlagnahmen stieg im Zeitraum 2014‑2017 von 77.000 auf 216.000. Dabei wurde der legale Handel im Januar 2017 verboten (UN 2020: 54).

Bewertung

In diesem Indikator ist die Entwicklung ebenfalls unzureichend, trotz Stabilisierung des Indikators werden gesetzte Ziele nicht erreicht bzw. verschoben und weltweit werden negative Tendenzen sichtbar. Die UN berichtet dass bei der Erhaltung der Landökosysteme Nachhaltigkeit noch nicht in Sicht ist (UN 2020: 54). Durch das Vordringen von Menschen in natürliche Lebensräume, steigt der Kontakt zwischen Menschen und Wildtieren und somit die Anzahl von neuen Zoonosen (Übertragung von Infektionskrankheiten von Wildtieren auf Menschen, z.B. Vogelgrippe, Ebola). Die Covid‑19‑Pandemie ist ein weiteres Beispiel und zukünftig sind weitere Zoonosen sind in der Zukunft zu erwarten.

Zustand der Meere

Die Ozeane und Meere bedecken 71 % der Erdoberfläche, sie enthalten über 97 % des auf der Erde existierenden Wassers. Nach Analysen des IPCC werden im Jahr 2050 rund 1 Mrd. Menschen in gefährdeten Gebieten entlang der Küsten leben (IPCC 2019: 4), sie sind unmittelbar von den negativen Entwicklungen der Ozeane betroffen. Die Ozeane und Meere sind belastet durch Erwärmung und Versauerung. Seit 1910 haben sich die Weltmeere bis 400 m Tiefe um 0,5 0,6°C erwärmt. Ein Viertel der jährlichen anthropogenen CO2-Emissionen wird derzeit von den Ozeanen aufge¬nommen. Infol¬ge¬dessen hat der Säuregehalt der Ozeane um 26 % zugenommen. Diese Entwicklung hat erhebliche Auswirkungen auf das Ökosystem Meer. Übersäuerung gefährdet u.a. Korallenriffe und hat negative Auswirkungen auf die marinen Ökosystemdienstleistungen. Je höher der Säurehaushalt der Ozeane ist, umso mehr verringert sich die Fähigkeit, CO2¬ ¬aus der Atmosphäre zu absorbieren. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts wird ein Anstieg des Säuregehalts um 100 – 150 % projiziert, der sich auf die Hälfte aller Meereslebewesen auswirkt (UN 2020: 52).

Bewertung

Die Klimaerwärmung zerstört marine Ökosysteme. Auch wenn es in der Vergangenheit bereits Erfolge in der Vergrößerung der Schutzgebiete für biologische Vielfalt der Meere gab (globaler Mittelwert 2019: 46 %), existieren weiterhin Defizite u.a. bei den Schwellenländern, deren Schutzgebiete für die biologische Vielfalt der Meere erst bei ca. 25 % liegen (UN 2020: 52).

Problemfeld (1)Problemfeld (3)
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Literatur

Bundesamt für Naturschutz (2021): Indikator „Artenvielfalt und Landschaftsqualität“. URL: https://www.bfn.de/themen/monitoring/indikatoren/indikator-artenvielfalt-und-landschaftsqualitaet.html (gesehen am: 05.08.2021).

Bundesumweltministerium (2021): Natura 2000. URL: https://www.bmu.de/themen/natur-biologische-vielfalt-arten/naturschutz-biologische-vielfalt/gebietsschutz-und-vernetzung/natura-2000 (gesehen am: 05.08.2021).

Destatis – Statistisches Bundesamt (2021): Indikatorenbericht 2021. Nachhaltige Entwicklung in Deutschland. Wiesbaden.

Destatis – Statistisches Bundesamt (2018): Indikatorenbericht 2018. Nachhaltige Entwicklung in Deutschland. Wiesbaden.

IPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change (2019): Summary for Policymakers. Special report on the ocean and cryosphere in a changing climate. Special report. Geneva.

UN – United Nations (2020): The Sustainable Development Goals Report 2020.

WWF; Grooten, M.; Petersen, T. (2020): Bending the curve of biodiversity loss. Living Planet Report.

WWF – World Wide Fund for Nature (2018): ARTENSCHUTZ IN ZEITEN DES KLIMAWANDELS Die Auswirkungen der Erderhitzung auf die biologische Vielfalt in den WWF-Schlüsselregionen.