Problemfeld (1) – Klimaerwärmung

Entwicklung der Maßnahmen zum Klimaschutz: Seit dem Pariser Klima­schutz­abkommen von 2015 sind mehrere Jahre vergangen. Für 2020 war in Glasgow die nächste große Klimakonferenz geplant, die aufgrund der Pandemie verschoben worden ist. Bisher haben nur 15 Staaten ihre nationalen Klimapläne (Nationally Determindes Contributions – NDC) aktualisiert. Immerhin 103 weitere Staaten haben zugesagt, die bisherigen Pläne zu verbessern (WRI 2021; 2019). Das ist auch dringend erforderlich, denn mit den nach Paris ent­wickelten nationalen Klimaplänen wird eine Begrenzung der Klima­erwärmung auf deutlich unter 2°C verfehlt. Eine Umsetzung der ursprünglichen Zusagen hätte eine Erhöhung der globalen Temperatur um 3,2°C zur Folge (WWF 2018: 6).

Sollen die unten aufgezeigten Entwicklungen aufgehalten werden, braucht es bis 2050 eine Dekarbonisierung aller Wirtschaftsprozesse.

Treibhausgasemissionen (THGE)

Hierbei spielt China eine besondere Rolle. Mit einem Anteil von 26 % war China im Jahr 2016 größter Treibhausgasemittent, gefolgt von den USA mit 13 % und den EU-27 mit 8 %. Ohne die Volksrepublik können die globalen Klimaschutzziele nicht erreicht werden (WRI 2019a).

Auch die Länder in Europa müssen einen größeren Beitrag leisten, wenn die Klimaziele eingehalten werden sollen. Einerseits sanken die THGE trotz wirtschaftlichem Wachstum zwischen 1990 und 2018 massiv, in der EU 27 um 21,7 % und in Deutschland sogar um 29,6 % (Eurostat: SDG_13_10). Laut Zahlen des BMU konnte bis 2019 sogar eine Senkung um 35,7 % in Deutschland erreicht werden (BMU 2020: 27) [1]. Trotz dieses Erfolges wurde die angestrebte Reduktion um 40 % bis 2020 unter gewöhnlichen Bedingungen (ohne pandemiebedingte Einschränkungen) nicht erreicht. Außerdem liegen die pro Kopf Emissionen in der EU-27 noch immer bei 8,7 t und in Deutschland bei 10,7 t, also weit über dem klimaverträglichen Maß (Eurostat: SDG_13_10).

[1] Aufgrund unterschiedlicher Abgrenzungen sind die Zahlen des BMU leider nur bedingt mit den Eurostat Zahlen vergleichbar.

Zudem sind die THGE in den letzten 5 Jahren deutlich langsamer gesunken. In der EU 27 waren die THGE im Jahr 2018 z.B. sogar etwas höher als 2014. In Deutschland sind sie im gleichen Zeitraum nur um etwa 4 % gesunken (Eurostat: SDG_13_10). Die konsuminduzierten THGE der EU-27 sind zwischen 2014 und 2018 insgesamt nur um 0,5 % gesunken (Eurostat: env_ac_io10).

[1] Aufgrund unterschiedlicher Abgrenzungen sind die Zahlen des BMU leider nur bedingt mit den Eurostat Zahlen vergleichbar.

Als Graphik hier verfügbar:

SDG 13_10 Treibhausgasemissionen

Und als Datensatz hier:
https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/sdg_13_10/default/table?lang=de

Bewertung

Die Entwicklung ist sowohl in Europa als auch in Deutschland unzureichend. Es müssen dringend weitere effektive politisch-rechtliche Instrumente verabschiedet werden. Ob das Klimaschutzgesetz die entscheidenden Impulse setzen kann, ist eher unwahrscheinlich.

Treibhausgas in Atmosphäre & Temperatur

Seit 1750 (vorindustrieller Zeitpunkt) ist der THG-Gehalt der Atmosphäre gestiegen und ist damit höher als in den vergangenen 3 Mio. Jahren. Von ca. 280 ppm vor der industriellen Revolution (Meinshausen et al. 2017) stieg der Wert bis zur ersten Jahreshälfte 2020 auf durchschnittlich 410 ppm (WMO 2020).

Die globale Mitteltemperatur in den Jahren 2016 bis 2020 war durchschnittlich 1,1°C höher als in vorindustrieller Zeit (WMO 2020). Die World Meteorological Organization (WMO) erwartet, dass bereits in den nächsten fünf Jahren eine neuer Temperaturrekord von 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau erreicht sein könnte (WMO 2020).

Ohne die Dekarbonisierung der globalen Wirtschaft wird bis 2100 mit einer durchschnittlichen globalen Erwärmung bis zu 4,5°C gerechnet. Dabei könnte das Erdsystem einen Kipppunkt erreichen, weshalb Forscher im Jahr 2018 vor einer Heißzeit warnten (Steffen et al. 2018).

Bewertung

Die Entwicklungen sind besorgniserregend und müssen dringend umgekehrt werden. Bereits im Jahr 2007 benannte das UBA 400 ppm CO2-Äquivalente in der Atmosphäre um mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 % die Klimaerwärmung auf 2 °C zu begrenzen (UBA 2007: 8). Dieser Kipppunkt wurde 2010 erreicht. Somit sind die ergriffenen Maßnahmen unzureichend.

Meeresspiegels & Eis / Gletscher

Das globale Meereis ist im September 2020 auf ein Minimum von 3,92 Mio. km² – der zweitniedrigste Stand, der je aufgezeichnet wurde – gefallen. Im Trendverlauf ist die Ausdehnung des globalen Meereises seit Beginn der Aufzeichnungen 1979 von 7,8 Mio. km² im Jahresmittel auf 4,4 Mio. km² gesunken (Meier et al. 2020).

Die Ozeane und Meere bedecken 71 % der Erdoberfläche und enthalten über 97 % des auf der Erde existierenden Wassers (IPCC 2019b: 4). Infolge der fortgesetzten Tauprozesse von Gletschern und Eisschilden und der Ausdehnung des erwärmten Ozeanwassers stieg der globale mittlere Meeresspiegel im Zeitraum zwischen 1993 bis 2018 um etwa 3,3 mm pro Jahr (EEA – European environmental Agency 2019). Sollten die Eisschilde an Land gänzlich abschmelzen, würde der Meeresspiegel um fast 60 m ansteigen (Caldeira 2015; Kriener 2019).

Bewertung

Die bisher getroffenen Maßnahmen zur Begrenzung der Klimaerwärmung sind nicht ausreichend, um den Anstieg des Meeresspiegels sowie die Eis – und Gletscherschmelze zu stoppen. Selbst wenn der globale Temperaturanstieg auf 1,5°C begrenzt wird, würde der Meeresspiegel aufgrund der Erwärmung der Ozeane dennoch weiter ansteigen. Der Anstieg der Erwärmung auf 2°C würde eine stärkere Eisschilden- und Gletscherschmelze verursachen und damit zu einem erhöhten Meeresspiegel beitragen, der die Phase der Stabilisierung der atmosphärischen CO2 -Konzentration überdauert. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko bei der Nichteinhaltung des 1,5°C Grenzwertes von irreversiblen Folgen durch Überschreiten von Kipppunkten (beispielsweise der Zusammenbruch der Eisschilde in Grönland und der Antarktis), selbst wenn der Temperaturanstieg später wieder gesenkt werden kann (IPCC 2019a: 13-14).

Wetterextreme

Die Zahl der warmen Tage und Nächte hat seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts zugenommen. Klimabedingte Katastrophen wie Wald- und Buschbrände, Dürren, Stürme und Überflutungen nehmen zu. Allein im Jahr 2018 waren von diesen Naturkatastrophen 39 Mio. Menschen betroffen, 23.000 starben. In den am wenigsten entwickelten Ländern verursachten Naturkatastrophen 14 % der Todesfälle (UN 2020: 18 & 25).

Bewertung

Die Entwicklungen sind alarmierend. Laut Prognosen des Weltklimarats nehmen die Risiken für extreme Wetterereignisse wie Hitzeextreme, die Zunahme von Starkregenfällen und Über-schwemmungen sowie die Wahrscheinlichkeit für Dürre und Niederschlagsdefizite in einigen Regionen bei einer Erwärmung von 2°C kontinuierlich zu (Umweltbundesamt (UBA) 2019, S. 18). Klimafolgen wie beispielsweise die zunehmende Hitzebelastung und die daraus resultierende Dürre waren in den Jahren 2017-2018 bereits in Deutschland sowie Mitteleuropa deutlich sichtbar (Umweltbundesamt (UBA) 2019, S. 20–21). Hier ist eine Überprüfung des politischen Handlungsbedarfs nötig.

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Literatur

BMU – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) (Hg.) (2020): Klimaschutz in Zahlen. Berlin. Online verfügbar unter https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/klimaschutz_zahlen_2020_broschuere_bf.pdf.

Caldeira, Ken (2015): Burning remaining fossil fuel could cause 60-meter sea level rise. Hg. v. Carnegie Science. Online verfügbar unter https://carnegiescience.edu/news/burning-remaining-fossil-fuel-could-cause-60-meter-sea-level-rise, zuletzt aktualisiert am 31.03.2016, zuletzt geprüft am 15.11.2020.

EEA – European environmental Agency (Hg.) (2019): Global and European sea-level rise. Online verfügbar unter https://www.eea.europa.eu/data-and-maps/indicators/sea-level-rise-6/assessment, zuletzt geprüft am 15.11.2020.

Eurostat – statistisches Amt der Europäischen Union (Eurostat): env_ac_io10 – Emissionen von Treibhausgasen und Luftschadstoffen verursacht durch die letzte Verwendung von CPA08 Gütern. env_ac_io10: Eurostat. Online verfügbar unter https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/env_ac_io10/default/table?lang=de.

Eurostat – statistisches Amt der Europäischen Union (Eurostat): SDG_13_10 – Treibhausgasemissionen. SDG_13_10: Eurostat. Online verfügbar unter https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/sdg_13_10/default/table.

IPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) (Hg.) (2019a): Global Warming of 1,5 °C. Frequently Asked Questions. Online verfügbar unter https://www.ipcc.ch/sr15/download/#full.

IPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) (2019b): Special report on the ocean and cryosphere in a changing climate. Summary for Policymakers. Geneva (Special report). Online verfügbar unter https://www.ipcc.ch/srocc/chapter/summary-for-policymakers/.

Kriener, Manfred (2019): Einstürzende Eisberge. In: Adolf Buitenhuis: Atlas der Globalisierung. Welt in Bewegung. 1., Auflage. Hg. v. Stefan Mahlke. Berlin: TAZ.

Meier; U. S. Bhatt; Walsh; Thoman; Bieniek; Bitz et al. (2020): 2020: Sea Ice Outlook Interim Post-Season Report. Hg. v. B. Turner-Bogren, Wiggins und Staudt. Online verfügbar unter https://www.arcus.org/sipn/sea-ice-outlook/2020/interim, zuletzt aktualisiert am 16.10.2020, zuletzt geprüft am 11.11.2020.

Meinshausen, Malte; Vogel, Elisabeth; Nauels, Alexander; Lorbacher, Katja; Meinshausen, Nicolai; Etheridge, David M. et al. (2017): Historical greenhouse gas concentrations for climate modelling (CMIP6). In: Geosci. Model Dev. 10 (5), S. 2057–2116. DOI: 10.5194/gmd-10-2057-2017.

UBA – Umweltbundesamt (UBA) (Hg.) (2007): Klimaänderungen, deren Auswirkungen und was für den Klimaschutz zu tun ist. Online verfügbar unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3524.pdf, zuletzt geprüft am 10.09.2020.

Umweltbundesamt (UBA) (Hg.) (2019): Neue Erkenntnisse aus dem IPCC-Sonderbericht über 1,5 °C globale Erwärmung. Dokumentation des UBA-Webinars vom 26. Oktober 2018 (Climate Change, 07/2019). Online verfügbar unter https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/neue-erkenntnisse-aus-dem-ipcc-sonderbericht-ueber, zuletzt geprüft am 20.06.2021.

UN – United Nations (UN) (Hg.) (2020): The Sustainable Development Goals Report 2020. Online verfügbar unter https://unstats.un.org/sdgs/report/2020/The-Sustainable-Development-Goals-Report-2020.pdf, zuletzt geprüft am 15.11.2020.

WMO – World Meteorological Organization (WMO) (2020): United in Science report: Climate Change has not stopped for COVID19. Geneva (Press Release, 09092020). Online verfügbar unter https://public.wmo.int/en/media/press-release/united-science-report-climate-change-has-not-stopped-covid19, zuletzt aktualisiert am 09.09.2020, zuletzt geprüft am 11.11.2020.

WRI – World Resources Institute (WRI) (2019): National Climate Action under the Paris Agreement. Hg. v. WRI – World Resources Institute (WRI). Online verfügbar unter https://www.wri.org/ndcs, zuletzt aktualisiert am 30.09.2020, zuletzt geprüft am 11.11.2020.

WRI – World Resources Institute (WRI) (2021): Climate Watch. Hg. v. WRI – World Resources Institute (WRI). Online verfügbar unter https://www.climatewatchdata.org/2020-ndc-tracker, zuletzt aktualisiert am 31.05.2021, zuletzt geprüft am 15.06.2021.

WWF – World Wide Fund for Nature (WWF) (Hg.) (2018): ARTENSCHUTZ IN ZEITEN DES KLIMAWANDELS Die Auswirkungen der Erderhitzung auf die biologische Vielfalt in den WWF-Schlüsselregionen. Online verfügbar unter http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Report-Artenschutz-in-Zeiten-des-Klimawandels.pdf.